Homeoffice und Homeschooling – Ein unvereinbares Doppel?

Frank Daalmann | 07.12.2020

Homeoffice und Homeschooling – Ein unvereinbares Doppel?

Immer wieder werde ich in meiner Beratungsarbeit mit der deutlich zunehmenden Belastung durch Homeoffice und Homeschooling konfrontiert. Ich selbst arbeite bereits seit über 10 Jahren vorwiegend aus dem Homeoffice und umso mehr schätze ich die ruhigen Vormittagsstunden in denen die Kids in der Schule sind.

Herausfordernd ist die Arbeit schon eher in den Nachmittagsstunden oder in den Ferienzeiten.

Eine große Herausforderung stellt das mobile Arbeiten in pandemischen Zeiten dar. So gab es lange Phasen des Homeschooling oder unvorhersehbare Schließungen des Schulbetriebs aufgrund von Verdachtsfällen. Wir haben zwei Kinder im schulpflichtigen Alter von 10 bzw. 13 Jahren, die unterschiedliche Schulen besuchen. So unterschiedlich wie die Schulen sind auch die Unterrichtskonzepte in Corona-Zeiten.

Gerade die unvorhersehbaren Schließungen stellten uns vor große Herausforderungen. Nicht nur dass wir, meine Frau ist ebenfalls freiberuflich tätig, keine Dienstreisen mehr durchführen konnten, nein, auch im Homeoffice war eine entspannte Arbeitsatmosphäre nicht mehr gegeben. Die Schule eines unserer Kinder hat kein erkennbares Corona-Unterrichtskonzept, selbst jetzt, nach nunmehr neun Monaten Erfahrung mit dieser Situation. Für Kinder in Quarantäne gibt es keinen Unterricht und sie werden wie bei einer Krankmeldung behandelt. Bei Verdachtsfällen im Klassenverband erfolgt die Beschulung über eine digitale Plattform, die noch im Versuchsstadium ist. Hier war es teilweise erforderlich zwischen neun und zwanzigmal zu unterstützen, damit die Einwahl klappt und die Technik funktioniert. Flankierende Unterstützung gab es weder für Eltern noch für die Kids. Anders bei der anderen Schule. Dort gibt es ein bestehendes und gut funktionierendes Homeschoolingkonzept mit einer gut funktionierenden digitalen Lernplattform, die fast selbsterklärend funktioniert. Zudem existiert ein Helpdesk-Service für Eltern und Schüler, der mit mehreren Supportern besetzt ist und unmittelbar Hilfestellung anbietet.

Dennoch stellt die Kombination von Homeschooling und Homeoffice für viele Familien eine extreme Belastung dar.

Wie kann man die Belastungsspitzen reduzieren und die Situation möglichst entspannen?

Nachfolgend möchte ich Ihnen drei Strategien vorstellen, mit denen wir gute Erfahrungen gemacht haben.

 

Familienkonferenz (Famko)   

Schon seit Jahren pflegen wir einmal pro Woche (bei uns sonntags nach dem Frühstück) eine Famko durchzuführen. Ziel der Famko ist es, die kommende Woche zu planen, Terminkollisionen zu klären und auch Lern- und Spielzeiten zu strukturieren. Darüber hinaus planen wir auch unsere Urlaube „demokratisch“ in den Famkos oder treffen gemeinsam Entscheidungen für Sonntagsausflüge oder wer welche Aufgaben im Haushalt übernimmt.

Die Famko kann spielerisch gut auch mit kleineren Kindern schon durchgeführt werden. Wir verteilen dabei auch die Rollen (Moderation, Zeitwächter und Schriftführer). So lernen die Kinder schon früh Strukturen zu erkennen, sich selbst mal zurückzunehmen, wenn ein anderer spricht und auch die Moderation von Gruppengesprächen zu leiten.

Innerhalb der Famko planen wir nun auch die Arbeits- und Lernzeiten dezidiert, um Spannungen im Homeoffice und Homeschooling möglichst zu vermeiden. Wir haben uns ein schönes Famko Buch gekauft, in dem stichpunktartig Protokoll geführt wird. Der Ablauf sieht bei uns folgendermaßen aus und hat sich langjährig bewährt:

Wir steigen mit einer Eingangsrunde ein, in der jeder kurz sagen kann, was ihm in der zurückliegenden Woche gut gefallen hat und was gut gelaufen ist. Ziel dabei ist, die Wahrnehmung bei allen Schwierigkeiten, die es im Familienleben auch gibt, den Fokus auf die schönen und verbindenden Elemente zu richten und diese entsprechend zu würdigen.

Danach gibt es eine Themenabfrage. Hier fragt der Moderator in die Runde, wer welche Themen hat. Diese werden sodann in unserem Famko Buch (Thema und Themeneinbringer) festgehalten.

Dann gehen wir in die Themenbearbeitungsphase. Hier fragt der Moderator in die Runde, mit welchen Themen wir beginnen wollen. Meistens kommt von den Kids die Anregung mit den eher lästigen Themen, beispielsweise der Verteilung der Arbeiten im Haushalt (Spülmaschine ausräumen etc.) zu beginnen, um für das Ende die schönen Themen wie Urlaubsplanung, Freizeitgestaltung und dergleichen mehr zu reservieren.

Dann werden die Themen entsprechend der Reihenfolge bearbeitet. In der Famko gibt es bestimmte Regeln. So darf immer nur eine Person reden und der Moderator achtet auf die Einhaltung der Redereihenfolge.

Sind wir mit allen Themen durch, beenden wir die Famko mit der Frage danach, was jeder Einzelne aus der Famko mitnimmt. Auch dies ist für uns ein wertvolles „Abschlussritual“, da hier oft formuliert wird, dass nun erst deutlich wurde, wo die Ungerechtigkeiten liegen oder wie es einem Familienmitglied gerade so geht.

Führt man die Famko regelmäßig durch, wird die benötigte Zeit dafür in der Regel immer kürzer. So gab es bei uns schon Famkos von lediglich 10 Minuten. Schludert man mit der Durchführung „rächt“ sich dies in der Regel sofort und all der angestaute Frust entlädt sich konzentriert ….

 

STOPP-Schild

Im Rahmen einer Famko stellte ich einmal die Frage, wie wir ein ungestörtes Arbeiten für mich in meinem im Wohnhaus integrierten Büro und Beratungsraum sicherstellen könnten. Eines unserer Kinder kam auf die Idee mit dem STOPP-Schild. Schnell wurde ein solches gemeinsam gebastelt und laminiert. Immer wenn ich dieses Schild nun vor meine Türe stelle, signalisiert dies, dass ich ungestört arbeiten möchte.

Übrigens: Mittlerweile, unser Kids sind pubertierend, haben wir weitere STOPP-Schilder, die unsere Kinder gerne auch mal bei Besuch von Freunden vor die Zimmertüre stellen 😉

 

Hausaufgabenritual

Wir haben die Erfahrung gemacht, dass wenn wir grundsätzlich verfügbar sind, unsere Kids, gerade so wie sie es benötigen, zu uns Eltern kommen und mit ihren Fragen zu den Hausaufgaben herausplatzen. Dies kann dann durchaus zehnmal in der Hausaufgabenzeit sein. Mich stört es extrem, wenn ich immer wieder aus meinen Gedankengängen gerissen und in meiner Arbeit gestört werde.

Mittlerweile sprechen wir mit unseren Kids die Hausaufgaben nach der Schule kurz entsprechend durch. Dann erhalten Sie den Auftrag, alle Aufgaben zu sichten und all dass, was sie ohne Hilfestellung erledigen können zu erledigen. Sie erhalten dann 15 Minuten Fragezeit, die maximal in zwei Einheiten genommen werden kann.

Unsere Kids dürfen dann auch nicht „ziellos“ fragen stellen, denn dann kommt von uns sofort die Gegenfrage, „Was hast du selbst schon versucht und warum klappt es nicht?“ Was könnte eine andere, bessere Lösung sein?“

Hierdurch regen wir die Kids an, einerseits nicht aus Bequemlichkeit einfach zu uns zu kommen und andererseits zunächst auch das eigene Hirn zu bemühen. In der Regel klappt dieses Verfahren recht gut. Lediglich nach den Ferien braucht es oft eine gewisse Anlaufphase, was jedoch völlig okay und normal ist.

 

Kleiner Hinweis:

Wir möchten Ihnen mit diesen Ideen und dem Einblick in unser Familienleben kleine Anregungen geben, wie die Verbindung von Homeoffice und Homeschooling vielleicht besser gelingen kann. Sollten Sie Fragen dazu haben melden Sie sich gerne.

Auch wenn es für den eiligen Leser vielleicht so erscheinen mag, auch unsere Kids dürfen Kind sein, toben und Krach machen oder mal wild und unbändig sein. Doch ebenso wie die Kids ein Recht auf freie Entfaltung haben, haben wir als Eltern dieses auch. Daher versuchen wir etwas Struktur in das tägliche Caos zu bringen und unsere Kinder dabei zu eigenständigen und verantwortlichen Mitgliedern dieser Gesellschaft heranreifen zu lassen.


Bildquelle: traffic-sign-6627_1920 by Pixaby
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